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Mag sein, dass der jüngste Tag morgen anbricht
Texte des deutschen Widerstands 1938 bis 1945
Mit Martina Gedeck, Matthias Brandt, Studierenden der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin und Domorganist Andreas Sieling
Mitschnitt einer Veranstaltung im Berliner Dom vom 2. Juni 2018

"Mag sein, dass der jüngste Tag morgen anbricht", schreibt Dietrich Bonhoeffer Ende des Jahres 1942 - und fügt sogleich hinzu: "dann wollen wir gern die Arbeit für eine bessere Zukunft aus der Hand legen, vorher aber nicht." Es waren nicht wenige Menschen, die den Mut fanden, der nationalsozialistischen Terrorherrschaft entgegenzutreten - vielleicht waren es mehr, als uns heute bewusst ist. Sie organisierten Informationen, leisteten Widerstand im Alltag, halfen den Verfolgten, tauchten unter, bereiteten den Umsturz vor. Diese Sendung am Vorabend des 20. Juli, Mitschnitt einer Veranstaltung im Berliner Dom, lässt sie zu Wort kommen: Männer und Frauen aus sehr verschiedenen politischen, religiösen und sozialen Zusammenhängen.

Die Journalistin Ruth Andreas Friedrich hält in ihrem Tagebuch fest, was "Reichspogromnacht" konkret bedeutete; sie wird während der folgenden Jahre nicht nur beschreiben, sondern handeln. Ihre Aufzeichnungen sind einer von zwei roten Fäden, die durch diesen Abend führen, gelesen von Martina Gedeck. Matthias Brandt trägt Briefe des Juristen Helmuth James Graf von Moltke vor, Mitbegründer des Kreisauer Kreises, der sich unter anderem für die Verbreitung der Flugblätter der Weißen Rose eingesetzt hat und 1945 ermordet wurde.

Dazwischen viele andere Facetten des deutschen Widerstands, Notate des konservativen Diplomaten Ulrich von Hassell, ein Flugblatt von Herbert Baum, der eine Gruppe junger Kommunistinnen und Kommunisten meist jüdischer Herkunft ins Leben rief, der Abschiedsbrief der jungen Liane Berkowitz, Mitglied der sogenannten Roten Kapelle, und jener von Adam von Trott zu Solz, Mitverschwörer des 20. Juli, ein Rechenschaftsbericht des Gewerkschafters Alwin Brandes, der Aufruf der Widerstandgruppe Onkel Emil. Zusammen mit weiteren Zeugnissen zeigen sie die Bandbreite des deutschen Widerstands und seiner Gruppierungen. Es gab durchaus Kontakte unter ihnen - dass am 20. Juli 1944 ein Staatsstreich gegen Hitler versucht wurde, war auch das Ergebnis eines Zusammenwirkens. Die Taten und Worte der Menschen, die sich entschlossen im Untergrund, im Staatsapparat, in privaten Zusammenhängen gegen das NS-Regime auflehnten, zeigen ein anderes Deutschland zwischen 1938 und 1945. Ihre einfache Botschaft ist bis heute gültig: Man kann immer etwas tun.

Mitschnitt einer Veranstaltung im Berliner Dom am 2. Juni 2018. Mit Martina Gedeck, Matthias Brandt, den Schauspielstudierenden Aysima Ergün, Lukas Jakob Huber, Eidin Seyed Jalali, Till Timmermann und mit Domorganist Andreas Sieling. Zusammenstellung und Konzeption: Elisabeth Ruge und Rüdiger von Voss, unter Mitwirkung von Thomas Müller, Peter Steinbach, Ute Stiepani und Johannes Tuchel. Eine Veranstaltung des Berliner Doms, der Stiftung 20. Juli 1944 und der Gedenkstätte Deutscher Widerstand sowie der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch, in Zusammenarbeit mit der Bürgerstiftung Berlin und der Freya von Moltke-Stiftung.

Redaktion: Judith Heitkamp

Weitere Informationen unter: www.br.de