Totengedenken

INCLUDEPICTURE "file:///G:/Stiepani/Bilder/LOGO_GDW.jpg" \* MERGEFORMATINET Gedenkstätte Deutscher Widerstand

Dieter Thomas

Totengedenken

Totengedenken von Dieter Thomas am 20. Juli 1991 im Ehrenhof der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in der Stauffenbergstraße, Berlin

Wir gedenken unserer Toten!

Im vereinten Deutschland, im vereinten Berlin gedenken wir in diesem Jahr der Offiziere, die heute vor 47 Jahren an dieser Stelle als erste einer langen Reihe vor dem Exekutionskommando starben und deren Namen wir auf der Tafel in diesem Hofe ehren. Ich nenne heute einen ihrer Namen, Friedrich Olbricht, weil wir vor wenigen Tagen seine Frau und enge Vertraute aus den Jahren des Widerstandes, Eva Olbricht, nach 96 langen und schweren Lebensjahren auf ihrem letzten Wege begleitet haben.

Wir gedenken aller Frauen und Männer, die in der Folge des 20. Juli 1944 bis zum Kriegsende nach Tortouren vor Freisler’s Volksgerichtshof und vor den Sondergerichten, aber auch ohne Urteil und Untersuchung in Plötzensee, in der Lehrter Straße und in den anderen Lagern, Zuchthäusern und Gefängnissen des Deutschen Reiches ermordet wurden.

Wir gedenken aller Frauen und Männer, die in den bitteren Jahren der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft schon seit 1933 im Widerstand lebten und schließlich ihr Leben hingeben mussten. Es waren Frauen und Männer aus den Parteien der Weimarer Republik und aus den Gewerkschaften, es waren Unternehmer und Arbeiter, Beamte und Angestellte, es waren Professoren und Studenten, Offiziere, Soldaten und Männer der Kirchen, aber es waren auch die Menschen aus dem weiten Kreis derer, die die nationalsozialistische Lebensauffassung nicht zu ertragen vermochten und ihrem Leben ein Ende machten.

Wir gedenken aller, die sterben mussten, weil sie eine andere Hautfarbe hatten oder einer so genannten anderen Rasse oder einer anderen Religion zugehörten. Wir gedenken vor allem der Millionen jüdischer Mitbürger, die in den Vernichtungslagern in den Weiten des Ostens ermordet wurden und im Feuer verschwanden, so, als hätte es sie nie gegeben.

Wir gedenken der Frauen und Männer in den von Deutschland besetzten Staaten Europas, in den Widerstandsorganisationen, die sich mit der Unterwerfung durch Hitlers Gewaltherrschaft nicht abfanden und dafür sterben mussten.

Ein Meer von Leiden und Tod, eine Mahnung an uns nach fast einem halben Jahrhundert, Gewalt und Unrecht zu widerstehen und Toleranz zu üben auch gegenüber denen, die guten Gewissens eine andere Meinung vertreten.

Wir denken an unsere Toten in Dankbarkeit und in der Stille.