Wir werden an unseren Taten gemessen.
Michael Müller
Wir werden an unseren Taten gemessen.
Grußwort des Regierenden Bürgermeisters von Berlin Michael Müller am
20. Juli 2016 im Ehrenhof der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in der Stauffenbergstraße, Berlin
Wir sind heute zusammengekommen, um der mutigen Frauen und Männer des deutschen Widerstandes zu gedenken.
Der Widerstand hatte viele Namen und Gesichter. Unter ihnen waren Einzelkämpfer wie Georg Elser und Gruppen wie die Weiße Rose, der Kreisauer Kreis und die Rote Kapelle. Für viele von ihnen war das eigene Gewissen die Grundlage ihres Widerstands gegen die Tyrannei der Nazi-Diktatur. Andere leisteten Widerstand aufgrund ihrer Religion und ihres Weltbildes, darunter Christen und Juden, Gewerkschafter, Sozialdemokraten und Kommunisten, Liberale und Konservative.
Der Bendlerblock, wo wir uns heute befinden, war das Hauptzentrum des militärischen Widerstandes. Von hier aus sollte nach dem Attentat auf Hitler in der Wolfsschanze der Umsturz des Nazi-Regimes durchgeführt werden. Doch das Attentat scheiterte und noch in der Nacht des 20. Juli wurden die Offiziere und Mitverschwörer Ludwig Beck, Friedrich Olbricht, Claus Graf Schenk von Stauffenberg, Albrecht Ritter Mertz von Quirnheim und Werner von Haeften hier in diesem Hof kaltblütig ermordet.
Heute, 72 Jahre nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli, können wir kaum ermessen, wie groß der Mut war, mit dem Frauen und Männer Widerstand gegen die Nazi-Diktatur geleistet haben. Sie haben alles riskiert: Ihr eigenes Leben und das Leben ihrer Familie und Freunde. Sie wussten: Die Rache des Regimes würde unerbittlich sein, wenn sie scheiterten.
Für uns heute ist es kaum mehr vorstellbar, welch quälenden Selbstprüfungen sich die Offiziere des 20. Juli ausgesetzt haben. Sie waren nicht als Widerstandskämpfer geboren worden. Hineingewachsen in den preußischen Offiziersgeist war ihnen Loyalität gegenüber der Staatsführung die höchste Pflicht. Sie hatten Hitler unbedingten Gehorsam geschworen. Sich aus dieser für sie schwerwiegenden Verpflichtung zu lösen und der Stimme ihres Gewissens nicht nur Gehör zu geben, sondern ihr mit allen Konsequenzen zu folgen – diese Haltung verdient bis heute unsere Bewunderung. Umso mehr, als die Widerstandskämpfer des 20. Juli nach dem Krieg oft missverstanden, vielfach sogar denunziert wurden.
Das Risiko, dass die Berufung auf das eigene Gewissen dem Urteil der Nachwelt nicht standhalten könnte, war niemandem bewusster als den Widerstandskämpfern selbst. So ist der Satz von Claus Graf Schenk von Stauffenberg überliefert: „Derjenige (…), der etwas zu tun wagt, muß sich bewußt sein, daß er wohl als Verräter in die deutsche Geschichte eingehen wird. Unterläßt er jedoch die Tat, dann wäre er ein Verräter vor seinem eigenen Gewissen.“
Dieser Satz ist ein Appell an uns heute, nicht zu vergessen, welche enorme Leistung der Widerstand gegen Hitler war. Wir können uns heute kaum mehr vorstellen, was es bedeutet hat, sich gegen ein mörderisches Regime zu stellen, das selbst noch im Bombenkrieg den Rückhalt der Bevölkerung besaß. Der Widerstand gegen die nationalsozialistische Barbarei ist beispiellos in der deutschen Geschichte.
Hätte der Aufstand vom 20. Juli 1944 Erfolg gehabt, wäre vermutlich vielen Millionen Menschen der grausame Tod im Krieg und in den Vernichtungslagern erspart geblieben.
Die Erinnerung daran verdanken wir besonders dem Engagement der Angehörigen der Frauen und Männer des Widerstands gegen Hitler. Und wir verdanken Einrichtungen wie der Gedenkstätte Deutscher Widerstand hier im Bendlerblock und vielen anderen Erinnerungsorten, an denen kompetent über den Widerstand und seine Hintergründe aufgeklärt wird, wertvolle Informationen und Beiträge zur Einordnung dessen, was vor 72 Jahren geschehen ist. Sie erinnern uns immer wieder daran, was es bedeutet – und auch, was es kostet – , in Zeiten tiefster Barbarei und furchtbarster Verbrechen menschlich zu denken und menschlich zu handeln.
Heute fällt es uns hierzulande viel leichter, im Zeichen von Kriegen, Unterdrückung und Flucht Haltung zu zeigen und Verantwortung zu übernehmen. In unseren westlichen Demokratien besteht ein Konsens über zentrale Werte wie Freiheit oder die Unveräußerlichkeit der universell geltenden Menschenrechte. Dabei sind wir nicht allein auf unser Gewissen zurückgeworfen, sondern stehen in Austausch und Übereinstimmung mit einem großen Teil unserer westlichen Zivilgesellschaften.
Und doch klingt das zitierte Wort Stauffenbergs nach, dass wir nicht allein an unseren Absichten, sondern vor allem an unseren Taten gemessen werden. Dieser Herausforderung müssen wir uns stellen, ob wir wollen oder nicht. Darin liegt ein Vermächtnis des Widerstandes gegen Hitler. Deshalb bleibt es unsere Aufgabe, das Gedenken an den deutschen Widerstand zu bewahren und das lebendige Erinnern auch kommenden Generationen zu ermöglichen – in den Schulen ebenso wie in den Gedenkstätten.
Wir verneigen uns vor den tapferen Männern und Frauen des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus.
Wir werden an unseren Taten gemessen.
Grußwort des Regierenden Bürgermeisters von Berlin Michael Müller am
20. Juli 2016 im Ehrenhof der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in der Stauffenbergstraße, Berlin
Wir sind heute zusammengekommen, um der mutigen Frauen und Männer des deutschen Widerstandes zu gedenken.
Der Widerstand hatte viele Namen und Gesichter. Unter ihnen waren Einzelkämpfer wie Georg Elser und Gruppen wie die Weiße Rose, der Kreisauer Kreis und die Rote Kapelle. Für viele von ihnen war das eigene Gewissen die Grundlage ihres Widerstands gegen die Tyrannei der Nazi-Diktatur. Andere leisteten Widerstand aufgrund ihrer Religion und ihres Weltbildes, darunter Christen und Juden, Gewerkschafter, Sozialdemokraten und Kommunisten, Liberale und Konservative.
Der Bendlerblock, wo wir uns heute befinden, war das Hauptzentrum des militärischen Widerstandes. Von hier aus sollte nach dem Attentat auf Hitler in der Wolfsschanze der Umsturz des Nazi-Regimes durchgeführt werden. Doch das Attentat scheiterte und noch in der Nacht des 20. Juli wurden die Offiziere und Mitverschwörer Ludwig Beck, Friedrich Olbricht, Claus Graf Schenk von Stauffenberg, Albrecht Ritter Mertz von Quirnheim und Werner von Haeften hier in diesem Hof kaltblütig ermordet.
Heute, 72 Jahre nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli, können wir kaum ermessen, wie groß der Mut war, mit dem Frauen und Männer Widerstand gegen die Nazi-Diktatur geleistet haben. Sie haben alles riskiert: Ihr eigenes Leben und das Leben ihrer Familie und Freunde. Sie wussten: Die Rache des Regimes würde unerbittlich sein, wenn sie scheiterten.
Für uns heute ist es kaum mehr vorstellbar, welch quälenden Selbstprüfungen sich die Offiziere des 20. Juli ausgesetzt haben. Sie waren nicht als Widerstandskämpfer geboren worden. Hineingewachsen in den preußischen Offiziersgeist war ihnen Loyalität gegenüber der Staatsführung die höchste Pflicht. Sie hatten Hitler unbedingten Gehorsam geschworen. Sich aus dieser für sie schwerwiegenden Verpflichtung zu lösen und der Stimme ihres Gewissens nicht nur Gehör zu geben, sondern ihr mit allen Konsequenzen zu folgen – diese Haltung verdient bis heute unsere Bewunderung. Umso mehr, als die Widerstandskämpfer des 20. Juli nach dem Krieg oft missverstanden, vielfach sogar denunziert wurden.
Das Risiko, dass die Berufung auf das eigene Gewissen dem Urteil der Nachwelt nicht standhalten könnte, war niemandem bewusster als den Widerstandskämpfern selbst. So ist der Satz von Claus Graf Schenk von Stauffenberg überliefert: „Derjenige (…), der etwas zu tun wagt, muß sich bewußt sein, daß er wohl als Verräter in die deutsche Geschichte eingehen wird. Unterläßt er jedoch die Tat, dann wäre er ein Verräter vor seinem eigenen Gewissen.“
Dieser Satz ist ein Appell an uns heute, nicht zu vergessen, welche enorme Leistung der Widerstand gegen Hitler war. Wir können uns heute kaum mehr vorstellen, was es bedeutet hat, sich gegen ein mörderisches Regime zu stellen, das selbst noch im Bombenkrieg den Rückhalt der Bevölkerung besaß. Der Widerstand gegen die nationalsozialistische Barbarei ist beispiellos in der deutschen Geschichte.
Hätte der Aufstand vom 20. Juli 1944 Erfolg gehabt, wäre vermutlich vielen Millionen Menschen der grausame Tod im Krieg und in den Vernichtungslagern erspart geblieben.
Die Erinnerung daran verdanken wir besonders dem Engagement der Angehörigen der Frauen und Männer des Widerstands gegen Hitler. Und wir verdanken Einrichtungen wie der Gedenkstätte Deutscher Widerstand hier im Bendlerblock und vielen anderen Erinnerungsorten, an denen kompetent über den Widerstand und seine Hintergründe aufgeklärt wird, wertvolle Informationen und Beiträge zur Einordnung dessen, was vor 72 Jahren geschehen ist. Sie erinnern uns immer wieder daran, was es bedeutet – und auch, was es kostet – , in Zeiten tiefster Barbarei und furchtbarster Verbrechen menschlich zu denken und menschlich zu handeln.
Heute fällt es uns hierzulande viel leichter, im Zeichen von Kriegen, Unterdrückung und Flucht Haltung zu zeigen und Verantwortung zu übernehmen. In unseren westlichen Demokratien besteht ein Konsens über zentrale Werte wie Freiheit oder die Unveräußerlichkeit der universell geltenden Menschenrechte. Dabei sind wir nicht allein auf unser Gewissen zurückgeworfen, sondern stehen in Austausch und Übereinstimmung mit einem großen Teil unserer westlichen Zivilgesellschaften.
Und doch klingt das zitierte Wort Stauffenbergs nach, dass wir nicht allein an unseren Absichten, sondern vor allem an unseren Taten gemessen werden. Dieser Herausforderung müssen wir uns stellen, ob wir wollen oder nicht. Darin liegt ein Vermächtnis des Widerstandes gegen Hitler. Deshalb bleibt es unsere Aufgabe, das Gedenken an den deutschen Widerstand zu bewahren und das lebendige Erinnern auch kommenden Generationen zu ermöglichen – in den Schulen ebenso wie in den Gedenkstätten.
Wir verneigen uns vor den tapferen Männern und Frauen des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus.